
Zunächst ein Blick in den Duden. Zur Bedeutung des Adjektivs „scheiße“ hält das deutsche Rechtschreibwörterbuch fest: „ausgesprochen schlecht, unerfreulich, ärgerlich“. Der Gebrauch sei „salopp abwertend“, Synonyme „erbärmlich“, „minderwertig“, „schlecht“ oder „ungenügend“. Als beispielhafte Verwendungen führt der Duden „das sieht scheiße aus“ und „ich fand die Musik scheiße“ an.
Die Fans vom Berner Sport Club Young Boys hingegen fanden die Uefa scheiße. Finden sie wahrscheinlich immer noch. Denn der Verband steht bei vielen Fußballfans in der Kritik – wegen überbordender Kommerzialisierung, Kollektivstrafen, der Verteilung der Gelder und überhaupt. Diese Meinung taten sie beim Hinspiel der Champions-League-Playoffs gegen Ferencváros Budapest im August auch kund: In der 38. und 63. Minute stimmten sie „Scheiß Uefa“-Gesänge im Wankdorf-Stadion an.
Ein Begriff, viele Interpretationen
Und die Gesänge blieben auch dem von der Uefa eingesetzten Sicherheitsbeauftragten nicht verborgen, der das Liedgut neben weiteren Vergehen wie dem Zünden von Pyrotechnik, dem Werfen von Gegenständen aufs Spielfeld und dem Blockieren von Treppenaufgängen fein säuberlich in seinem offiziellen Bericht zum Spiel festhielt. Denn gemäß Artikel 16.2.e. sind Vereine für „Gesten, Worte, Objekte oder jegliche andere Mittel, um provozierende Botschaften zu transportieren, die sportlichen Veranstaltungen nicht angemessen sind“ ihrer Fans haftbar. Insbesondere gilt dies für „politische, ideologische, religiöse oder beleidigende Botschaften“.
Folglich verhängte die Uefa wenige Tage später eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 47.125 Euro. 10.000 Euro davon entfielen auf den Tatbestand der „unangemessenen Gesänge“. In dem vollständigen Urteil, das der Verband nun veröffentlich hat, wird deutlich, dass sich die Berner Verantwortlichen versucht hatten, sich in dieser Angelegenheit gegen die Entscheidung der Sportgerichtsbarkeit zu wehren. Denn, so ihre Argumentation, sei „Scheiß Uefa“ ins Englische viel eher mit „Shit Uefa“ zu übersetzen als mit „Fuck Uefa“. So gebe es im Schweizer Deutschen viele Interpretationen des Begriffs „scheiß“ oder „Scheiße“. Im vorliegenden Fall sei die Verwendung eher ein Ausdruck der Unzufriedenheit denn eine Beleidigung. Eine Bestrafung sei deshalb nicht gerechtfertigt.
Keine Absicht zu Diskussionen
Bei der Uefa stießen die Berner mit ihrer Argumentation zu den Gesängen jedoch auf taube Ohren. Die Richter seien überzeugt, „dass die ‚Scheiß Uefa’-Rufe nicht in der Absicht angestimmt wurden, Unzufriedenheit zu äußern oder eine Diskussion anzustoßen, sondern lediglich, um zu beleidigen und zu provozieren.“ Und zwar in einer Art und Weise, die einem Sport-Event wie einem Champions-League-Spiel nicht angemessen sei. Somit blieb es beim ursprünglich verhängten Strafmaß.
Und nun? Martin Endemann von der Initiative Football Supporters Europe, der den Fall bei Twitter öffentlich machte, schlug den YB-Fans für die Zukunft folgenden Gesang vor: „Scheiß UEFA, wir sind sehr enttäuscht über bestimmte Themen, wie CL Reform, Geldverteilung, Kollektivstrafen, Stehplatzverbot, lasst mal konstruktiv drüber reden!“ Lediglich eine passende Melodie brauche es dafür noch.
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